Wofür sich Köpenicker sonntags den Wecker stellen
Im KunstHofKöpenick am Luisenhain wuseln schon am frühen Sonntag Leute: Sie spannen Sonnenschirme auf, rücken Stühle, machen den Tresen klar. Mittendrin Tobias Unterberg (56) und seine Frau Katja Schulze-Unterberg (40). Beide zogen 2014 nach Köpenick und entdeckten auch den stillen Hinterhof mit Wasserblick. Mit dem damaligen Pächter, der in Alt-Köpenick 12 ein Weinlokal eröffnete, erfanden sie die Idee, hier Kultur für die Nachbarschaft anzubieten. Natürlich ohne Gepflogenheiten im Kiez zu stören. Bald war man beim Sonntag, Après Church, nach der Kirche.
Ohne Ehrenamtliche kein Après Church
Künstler*innen zu gewinnen, übernahm und übernimmt Tobias. Er hat als Cellist, Komponist, Arrangeur und Produzent beste Drähte in die Musikszene. Ingenieurin Katja beherrscht den Audio-Bereich ebenso wie Orga. Keine schlechte Basis. Trotzdem wartete noch ein dickes Stück Freizeit-Arbeit: Kontakte knüpfen, Skepsis abbauen, bürokratische Hürden nehmen, Gleichgesinnte finden. Alle gemeinsam sind heute stolz auf den 2016 gegründeten Verein KunstHofKöpenick e.V. Der zählt gut 70 Mitglieder und wächst. Gerade der aktive Kern um Tobias und Katja stemmt pro Jahr ehrenamtlich 26 mal sonntags Après Church, dazu Sonderkonzerte.
Wie die meisten ehrenamtlichen Projekte ist auch dieses wirtschaftlich ein Drahtseilakt. Daher zählt jede Spende.
Sonderkonzerte finden an anderen Orten statt, so das Nachholkonzert „Der Schulz und Band“ am 22.11.24 in den Regattatribünen, das „Adventkonzert“ am 01.12.24 in der Friedenskirche Grünau.
Kultur ohne Bezahlschranke
Après Church startet, wenn der Gottesdienst in der Stadtkirche endet und die Glocken läuten. Jetzt, während der Bauphase, schweigen die Glocken. Ersatzweise schmettert das Publikum „Bruder Jakob“. Zum „Ding-Dang-Dong“ gibt Tobias Unterberg um 11:30 Uhr die Bühne frei, diesmal für Sänger Robert Gläser. Der Funke springt sofort über. Für das entspannte Miteinander lieben die Köpenicker ihr Mini-Open-Air. „Ja, oft ist es rappelvoll, wir bleiben aber beim Nulltarif. Kultur ohne Bezahlschranke ist uns wichtig“, meint Katja. Das Publikum denkt genau so solidarisch. Wer kann, spendet für den Hut. Der Betrag geht fast komplett an die Künstler*innen. Bisher wollen alle wiederkommen. Was für ein Kompliment. „Genau dafür machen wir das. Weil’s Spaß macht und wir viel Dankbarkeit zurückkriegen.“
Das Team lädt ein zum Kennenlernen und Mitmachen: Stammtisch im Restaurant S1 Spreeburger donnerstags, ab 18:00 Uhr, Freiheit Fünfzehn.
Mehr unter https://kunsthofkoepenick.eu
Text: Claudia Korte
Bilder: Thomas Benz