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Besuch im Frauenzentrum von Treptow-Köpenick

Gegen 10 Uhr rollen in Adlershof erste Wagen an. Zweimal pro Woche treffen sich im Soziokulturellen Beratungs- und Begegnungszentrum für Mädchen und Frauen in Treptow-Köpenick (kurz: Frauenzentrum) Mütter mit ihren Jüngsten. Nein, auch ein Vater ist dabei! Dieser Austausch nach kontaktarmen Monaten bedeutet den Eltern viel, beobachtet Saenal Chung (35). Die Südkoreanerin lebt in Köpenick und hat Berufspraxis als Sozialarbeiterin. Seit Januar organisiert sie ehrenamtlich das Projekt Krabbelgruppe. „Mittwochs kommen Mütter mit ihrem ersten Kind. Sie haben viele Fragen zur Entwicklung, vergleichen mit anderen Babys. Freitags treffen sich Eltern, die bereits größere Kinder haben, da geht es um die ganze Familie.“
Saenal ringt noch um manche Vokabel und wird einen Kurs besuchen, um die deutschen Sozialgesetze zu studieren. Aber sonst scheint sie eine Idealbesetzung: 2018 kam sie der Liebe wegen aus Seoul nach Berlin, hat inzwischen eine zweijährige Tochter. Sie weiß, was Eltern brauchen und wie sich Migrant*innen fühlen.

Kurse, Beratung, offener Frauentreff

„Hier geht es um Gleichstellung im weitesten Sinne“, umreißt Koordinatorin Ute Jaroß (58) die Aufgabe des Frauenzentrums. Sie hat die Einrichtung (Träger: Stephanus Stiftung) mit aufgebaut, zunächst in Friedrichshagen. Seit Juli 2020 findet man sie nah am S-Bahnhof Adlershof. In der Radickestraße 55 steht die Tür allen offen – soweit Corona erlaubt. Nachbar*innen aus dem Kiez schauen vorbei, Schüler*innen, Geflüchtete aus dem Übergangswohnheim. Angebote für ukrainische Geflüchtete sind in Planung.
Für Vielfalt, Migration und Integration hält die erfahrene Sozialarbeiterin diverse Bälle in der Luft. Sie hat 15 Jahre beim Frauenbildungsträger „Goldnetz“ und später mit Geflüchteten gearbeitet, kennt und nutzt das große Berliner Sozialnetzwerk. Davon zeugt auch das ehrgeizige Frühjahrs-Programm: Studentinnen der Hochschule für Technik und Wirtschaft gestalteten einen spannenden Girls Day, die Fotoausstellung über Lesbisches Leben in Berlin machte Station. Dazu u. a. ein PC- und Smartphone-Kurs, Hip-Hop-Tanzworkshop, Yoga, ein Kurs mit einer türkischen Architektin, um Kinderzimmer optimal einzurichten. Feste Termine sind reserviert für den offenen Frauentreff, das Treffen für lesbisch-queere Frauen, das Repair Café „Slow Fashion der Kulturen“ und die Krabbelgruppen.Nicht zu vergessen die Beratungen – auch telefonisch. Häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat in Coronazeiten leider zugenommen. Zum Helfen gehört mitunter zeitfressender Papierkrieg. Wenn es um den Bedarf Alleinerziehender geht, kann sich Ute Jaroß auf kurzem Weg mit Anja Mai von der bezirklichen Koordinierungsstelle für Alleinerziehende in Treptow-Köpenick austauschen. Beide teilen ein Büro.

Das Frauenzentrum Treptow-Köpenick besteht bald zwei Jahre in Adlershof. Was würde sich die Koordinatorin zum Jubiläum wünschen? „Eine Kollegin, gern jünger“. Bisher gibt es die Stelle nicht. Umso dankbarer ist Ute Jaroß ihren ehrenamtlichen Mitstreiterinnen: Amy Wöhler hält Kontakt zum Mädchenarbeitskreis des Bezirks. Jennifer Riehn betreut den Social-Media-Auftritt, Saenal Chungs Praktikum dauert bis Juli. Sobald ihre Berufsanerkennung perfekt ist, möchte sie wieder arbeiten. „Am liebsten mit migrantischen Frauen und Familien, weil ich selbst Migrantin bin“. Es scheint, als könnten sich da zwei Wünsche treffen.

Text: Claudia Korte (April 2022), Fotos: Reginald Gramatté

Frauenzentrum Treptow-Köpenick, Kursteilnahme und Beratung bitte nach Voranmeldung:
Tel. 0151-40664799 oder E-Mail frauenzentrum-tk@stephanus.org.
www.stephanus.org/frauenzentrum-tk

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