Carola Geppert (Bild: Reginald Gramatté)

Carola Geppert (Bild: Reginald Gramatté)

Stern des Monats November 2024

„Beim Kochen kommen wir schnell in Kontakt“

Carola Geppert engagiert sich in einem Wohnheim für Wohnungslose – und weiß, was es heißt, obdachlos zu sein

„Ehrenamtlich engagiere ich mich in einem Wohnheim für Wohnungslose in Bohnsdorf. Was mich dabei von anderen Ehrenamtlichen unterscheidet: Ich lebe selbst in diesem Heim. Bevor ich hierherkam, hatte ich eine richtige Odyssee hinter mir. Ich gehöre der sorbischen Minderheit an, bin in Bad Muskau geboren und habe dort gelebt, bis ich vor meinem Ehemann ins Frauenhaus nach Cottbus geflüchtet bin. Ich hatte dort Arbeit und Wohnung gefunden, bin aber wegen meines kranken Vaters nach Bad Muskau zurück. Es gab große Probleme und so bin ich obdachlos geworden, habe über ein Jahr in Berlin auf der Straße gelebt.

Basteln, vorlesen und Gespräche am Herd

Seit zwei Jahren bin ich jetzt hier im Wohnheim, eine von rund 80 Bewohnern und Bewohnerinnen. Anfangs lebten hier Flüchtlinge aus der Ukraine, heute sind es vor allem Menschen aus Afrika, Afghanistan, Rumänien. Auch neun Kinder sind darunter. Um sie kümmere ich mich vor allem, denn die Erwachsenen sind oft sehr zurückhaltend und müssen sich erstmal eingewöhnen. Ich helfe den Kindern bei den Hausaufgaben und lese ihnen Märchen und Geschichten vor. Am meisten Spaß macht es ihnen aber, wenn wir gemeinsam basteln. Für Halloween haben wir Fledermäuse, Knochenmänner, Spinnen und Lampions gebastelt. Und Kürbissuppe gekocht. Die Bewohner und Bewohnerinnen verpflegen sich selbst, dafür gibt es eine Gemeinschaftsküche. Dort kommen wir schneller in Kontakt. Die Gespräche am Herd sind für mich auch ein Beitrag zur Integration. Mit den Kindern backe ich jeden Dienstag Plätzchen oder Kuchen.

Sorbische Weißstickerei: eine besondere Tradition

Neben diesem Engagement ist mir meine sorbische Herkunft sehr wichtig. Ich engagiere mich im sorbischen Parlament und pflege sorbische Traditionen und Bräuche, vor allem die Weißstickerei. Sie schmückt die Trachten, die zum Kirchgang und zu festlichen Anlässen getragen werden. Meine Schürzen, Schultertücher und Hauben mit Weißstickereien habe ich schon auf sorbischen Festen in Cottbus und Lehde ausgestellt. Auch wenn ich mich im Heim gut eingelebt habe, hoffe ich, dass ich bald in eine eigene Wohnung ziehen kann. Ehrenamtlich arbeiten werde ich auch dann noch. Das gehört für mich zum Leben dazu.“

Das Unionhilfswerk betreibt das „Heim im Kiez“ in Bohnsdorf. Weitere Infos:  Wohnheime für Wohnungslose – Unionhilfswerk

Text: STERNENFISCHER/Claudia Berlin, Foto: Reginald Gramatté

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