Anette Küntzel

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Anette Küntzel (Bild: Reginald Gramatté)

Stern des Monats Oktober 2023

„Ich engagiere mich in der Initiative Stolpersteine Schöneweide“

Anette Küntzel erinnert an Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden

„Ich engagiere mich dafür, dass Menschen, die in Schöneweide gelebt haben und von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, nicht vergessen werden. Vor drei Jahren war mir aufgefallen, dass es in Schöneweide kaum Stolpersteine gab. In Oberschöneweide waren es zwei, in Niederschöneweide sogar nur einer. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass in unserem Stadtteil so wenige Menschen jüdischen Glaubens gelebt haben sollen. Mein Partner hat dann einen Workshop zu dem Thema organisiert. Über Aushänge und über soziale Medien haben wir dazu eingeladen, es kamen zehn Interessierte. Der Beginn der Stolpersteingruppe Schöneweide. Heute sind wir sieben aktive Mitglieder.
Wir haben zunächst mal recherchiert, wo in unserer Nachbarschaft jüdische Familien gelebt haben. Zu Beginn halfen uns Bücher über Juden in Treptow und Köpenick. Damit hatten wir zwar die Namen und Adressen, aber wussten noch nichts über die Lebenswege. Das sind dann aufwändige Recherchen, vor allem in Archiven wie bei Ancestry, Arolsen oder Yad Vashem. Das ist etwas, was mich sehr interessiert und es verbindet sich mit meinem Interesse an der Geschichte des Stadtteils. Mit der Zeit haben wir uns in der Gruppe ein bisschen spezialisiert, auf Recherche, Texten, Organisation, Moderation.
Mir ist vor allem wichtig zu zeigen, dass die Menschen vor ihrer Ermordung ein anderes Leben hatten, eine Arbeit, eine Familie, Freunde. Wenn wir noch Nachfahren finden, haben wir die Chance, dieses Leben mit Fotos und Dokumenten nacherlebbar zu machen, so wie bei der Familie von Simon Feldmann. Er hatte eine Färberei in Schöneweide und war auch in der Gemeindevertretung aktiv. Als wir im März die Stolpersteine für seine Angehörigen in der Tabbertstraße 14 verlegt haben, waren seine Urenkelinnen und ihre Familien und auch Nachfahren aus den USA dabei. Sie waren sehr bewegt, besonders von dem Programm, das Schüler:innen der Isaac-Newton-Schule gestaltet hatten. Aber auch für die Schüler:innen war die Beschäftigung mit dem Thema sehr intensiv und die Begegnung mit Rabbi Rothschild und den Nachfahren sehr bewegend. So können wir Menschen vor dem Vergessen bewahren, halten die Erinnerung an die Verbrechen der Nazizeit lebendig und können Denkanstöße für die Gegenwart geben.“

Kontakt per E-Mail: stolpersteine-schoeneweide@gmx.de

Text: STERNENFISCHER/Claudia Berlin, Foto: STERNENFISCHER/Reginald Gramatté

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